Im Zuge eines Workshops beschäftigten sich die Mitgerstalterinnen mit drei Spannungsfeldern, mit denen sich besonders die Frauen von damals auseinandersetzen mussten:

  • Familiäre Verpflichtungen vs. persönliche Verwirklichung
  • Gesellschaftliche Normen vs. persönliche Sehnsüchte
  • Männlich dominiertes Leben vs. Gefühlswelt der Frauen

In Gegenüberstellung mit dem persönlichen Leben heute wurden diese Spannungsfelder der Frau von damals reflexiv bearbeitet.


Familiäre Verpflichtungen vs. persönliche Verwirklichung

Der zentrale Lebensinhalt der Frauen damals lag sicher in der Gründung einer Familie und allen damit verbundenen Aufgaben. Die Frau übernahm im Mehrgenerationenhaushalt die Rolle der lebenslangen, unbezahlten Vollzeitpflegerin. Sie war zuständig für die Pflege der Kinder gleichermaßen wie die der Eltern und Großeltern.

Diesen Verpflichtungen gegenüber stand der Wunsch nach persönlicher Verwirklichung, der immer nachrangig gestellt war. „Urlaub“ oder „Reisen, um mehr von der Welt zu sehen“ galten damals als Fremdwörter, obwohl die Sehnsucht danach groß war, wie sich am Beispiel der Oma einer Mitgestalterin zeigt, die besonderes Interesse an Geografie und dem Kennenlernen anderer Länder hatte.

Anerkennung war für die Frau von damals trotz allem sehr wichtig. Die tatsächliche Anerkennung erhielten sie vorwiegend jedoch durch harte Arbeit, Betriebsamkeit, Gläubigkeit, „gute“ Erziehung und die Stärke, mit allen Lebenslagen zurecht zu kommen. Nur durch die Erfüllung dieser Aspekte, galt die Frau als „anerkennungswürdig“.

Zur Bewältigung dieser beiden Spannungsfelder sahen die Mitgestalterinnen besonders den „Mut, der sozialen Kontrolle zu entfliehen“ als notwendig, den sicherlich nicht jede Frau vorbringen konnte.

Heute liegt der Fokus mehr auf der Selbstverwirklichung. Zu dieser kann auch die Gründung einer Familie gehören, ist aber heute weniger notwendig, um als vollwertiges Mitglied einer Gesellschaft zu gelten. Die Erwerbsarbeit trägt einen wichtigen Teil zur Selbstverwirklichung bei. Finanzielle Absicherung und Unabhängigkeit beruhigt und die Möglichkeit der Entfaltung im Beruf nimmt einen sehr hohen Stellenwert ein. Die Frau von heute hat meist Wahlfreiheiten, die der Frau von damals verwehrt blieben.

Fragen, die sich für die Mitgestalterinnen herauskristallisiert haben und die vor allem zum weiteren Nachdenken und Reflektieren über die Zeit damals und heute anregt:

  • Wann erhält eine Frau heute soziale Anerkennung?
  • Welche Lebensfragen stellen sich damals, welche heute? (Früher zum Beispiel: Komme ich mit den Erdäpfeln über den Winter? Heute zum Beispiel: Was werde ich studieren?)

Gesellschaftliche Normen vs. persönliche Sehnsüchte

Die Mitgestalterinnen waren sich einig: Früher war die zu erfüllende Rolle der Frau in der Gesellschaft klar: „Man hat gewusst, wo man hingehört und was zu tun war. Egal, ob es gefällt oder nicht. Immerhin gab dieses klare Verständnis den Frauen Orientierung.“ Heute werden der Frau mehrere Rollen zugeschrieben, die sie zu erfüllen hat (Beispiel: Mutter, Karrierefrau usw.), was wiederum zu mehr Entscheidungsfreiheit und Möglichkeiten der Selbstverwirklichung führt, jedoch für Desorientierung sorgen kann. Für die Mitgestalterinnen heutzutage auffallend ist die überdimensionale Eigenverantwortung: Sie nehmen wahr, dass bei Krankheit, Jobverlust oder ähnlichen Krisen zunehmend Druck entsteht, selbst einen Umgang damit finden zu müssen und auch selbst schuld daran zu sein. „Als gute*r Bürger*in fällt man dem System einfach nicht zur Last.

Glaube (im Sinne der katholischen Religion) war damals eine Selbstverständlichkeit. Es war klar vorgegeben, welches Verhalten erwünscht und zur Norm gehörte. Gesellschaftliche und religiöse Normen konnten dabei beinah synonym verwendet werden. Die Kirche bzw. der Glaube galt als „Normalisierungssystem“ und auch Rückzugsort, die Messe als Pflicht der guten Bürger*innen, die Sonntagsmesse als besonderes Event, zu dem das Sonntagsgewand als Besonderheit im Vergleich zum Alltag hervorgeholt wurde. Die Religion vermittelte aber auch Halt und Sicherheit. Die Kraft des Glaubens war somit die wichtigste Ressource überhaupt und gab Energie, weiterzumachen.

Heute stehen oft statt religösen Aspekten des Lebens hedonistische im Vordergrund. Besonders auffallen: „Das Recht auf Faulheit“. Dieses war früher nicht existent bzw. Faulheit an sich verpönt.

Muttersein nahm und nimmt auch heute noch einen hohen Stellenwert im Leben einer Frau ein, wobei es früher als Voraussetzung für eine „gute Frau“ galt. Der Zeitpunkt, Kinder zu bekommen, hat sich heute deutlich nach hinten verschoben. Die Oma einer Mitgestalterin hätte sich gewünscht, das erste Kind erst später zu bekommen und richtete sich wie folgt an ihre Enkelin: „Wenn i dir an Rat geb´n darf: wort so long´s geht mit´n Kinder kriagn!“ Früher gab es keine Entscheidungsfreiheit in Bezug auf diesen Zeitpunkt, obwohl es sehr hart war, Kinder zu ernähren, da Essen oftmals ohnehin knapp war.

Fragen, die von der Gesellschaft heute kontrovers diskutiert werden und sich im Zuge des Workshops ergeben haben:

  • Was macht eine „gute Mutter“ aus? (In Bezug auf Familie vs. Karriere)
  • Was ist eine „gute Frau“?
  • Ist Pflege Frauensache?
  • Welche Rolle spielt der Glaube heute noch?

Das öffentliche Leben war und ist auch teilweise heute noch von Männern dominiert. Der Unterschied zwischen Mann und Frau war damals verinnerlicht und wurde als natürlich, normal, gegeben, gottgewollt und unverrückbar wahrgenommen. Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen wurden still erlitten, emotionale und körperliche Gewalt galt teilweise als „normal“. Die größtenteils finanzielle Abhängigkeit vom Ehemann machte es der Frau unmöglich, aus dem Familienleben auszubrechen. Somit musste beispielsweise Ehebruch stillschweigend hingenommen werden, da der Frau gar keine andere Möglichkeit übrig blieb. Bei Machtmessungen innerhalb und außerhalb der Familie lag der Vorteil von vorne herein beim Mann.

Diese Erlebnisse standen oft im Widerspruch zur Selbstwahrnehmung als „starke Frau“.

Umso wichtiger für eine Frau ist heutzutage eine gute Ausbildung, ein guter Beruf , die eigene Karriere sowie finanzielle Unabhängigkeit, wobei letzteres als mittlerweile erwartet wahrgenommen wird.

Heute nehmen Frauen mehr Gleichberechtigung wahr, wobei Sexismus und Diskriminierung insbesondere am Arbeitsplatz (siehe Besetzung in höheren Positionen) erlebt werden. Die Mitgestalterinnen bekritteln eine teilweise Zuschreibung, eine Frau sei in solch einer Situation eine „gute Frau“, wenn sie über den erlebten Sexismus lache. Eine solche beschriebene Bagatellisierung spiegelt sich teilweise in den heute so beliebten Sozialen Medien wider.

„Die wahre Liebe“ zu finden und zu leben, wird als eine der persönlichen Sehnsüchte der Frauen genannt. Das Bild dieser „wahren Liebe“ wurde primär durch zum Beispiel Liebesromane in der damaligen Zeit vermittelt. Oftmals wurde diese romantische Vorstellung nicht erfüllt, wodurch die Frauen mit Enttäuschung umgehen mussten.

Fragen, die sich für die Mitgestalterinnen gestellt haben:

  • Wie wirkt sich das traditionelle Rollenverständnis auch heute noch auf die Frauenwelt aus?
  • Wo fand früher und findet heute noch Unterdrückung der Frauen statt?

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