Eine der Mitgestalterinnen hat sich durch lebensgeschichtliche Gespräche intensiv mit dem Leben ihrer Oma beschäftigt. Geboren und aufgewachsen ist „Oma Lisi“ in Lavamünd, wo sie mit ihrer Familie als einfache Keuschlerin lebt.

Folgend werden besondere Lebensereignisse von Elisabeth K. dargestellt und versucht, durch Kurzbeschreibungen des jeweiligen Kontexts sowie Herausforderungen und Lösungswege einen Einblick in die Lebenssituation zu geben. Die Darstellung entstand im Zuge mehrerer Workshops und ist Ergebnis von persönlichen Gesprächen, die die Mitgestalterin mit ihrer Oma geführt hat. Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht, Material für die Weiterführung des Einblicks liegt vor.


1938

Geburt in Lavamünd

Familiärer Kontext:

Elisabeth erblickte, wie damals üblich, im Rahmen einer Hausgeburt das Licht der Welt. Sie lebte mit ihren sechs Geschwistern und ihren Eltern auf dem Berg als einfache Keuschler.

Gesellschaftlicher Kontext: Vorherrschendes Patriachat

Politischer Kontext: Anschluss Österreich an nationalsozialistisches Deutschland

Herausforderungen: Überleben und Großziehen von Kindern

Lösungswege:
Generations-Wissen wurde genutzt und weitergegeben. Alles wurde selber gemacht und wiederverwendet. Die Kraft zum Weitermachen wurde aus dem Glauben geschöpft.


1939

Beginn des Weltkrieges

Familiärer Kontext:
Elisabeth ist noch ein kleines Kind. Da Männer in den Krieg einrücken müssen, hängt das Überleben der Familie von Frauen (Mutter, Großmutter) ab.

Gesellschaftlicher Kontext:
Der Krieg ist für Elisabeth erst „richtig“, also auch für sie spürbar, in den 40er Jahren losgegangen. Denunziationen und Verbrechen waren nun auch am Berg angekommen. Es herrschte große Sorge um die Männer an der Front und große Angst vor der Zukunft. Auch die Frage “Wem kann man vertrauen?” wurde zu einer Überlebensfrage, die einen tagtäglich begleitete.

Politischer Kontext:
Die nationalsozialistische Schreckensherrschaft machte auch vor dem Leben am Berg keinen Halt. Elisabeth erlebte zwar keine politische, dafür aber christliche Sozialisation in der Familie. Politik war eher Männersache. Das Heraushalten aus politischen Konfrontationen war zum Teil überlebenswichtig. Dafür stand das Leben christlicher Werte wie Nächstenliebe an oberster Stelle.

Herausforderungen:
Trotz großer Angst galt es, das Überleben der Familie zu sichern.

Lösungswege:
Auch in dieser schweren Zeit gaben Glaube und Religion der Familie Sicherheit und (Zusammen)Halt.


ab 1940

1940: Vater muss in den Krieg einrücken
1942-1943: Vater wird in Russland als vermisst gemeldet
1943: Mutter von Elisabeth wird vor den Augen ihrer Kinder
von einem Soldat vergewaltigt
1945: Rückkehr des Vaters

Familiärer Kontext:
Elisabeth war noch ein kleines Kind, als sie die harten Jahre des Krieges miterleben musste. Es kam vielfach zu Plünderungen, Morde, Vergewaltigungen und dem Abtransport kranker oder behinderter Menschen. Das Überleben der gesamten Familie hängt von Frauen (Mutter, Großmutter) ab. Die Männer sind an der Front – ob sie am Leben sind oder nicht, wissen die Angehörigen die meiste Zeit nicht. Als Elisabeths Mutter von einem Soldaten vergewaltigt wird, schützt ihre Großmutter sie und ihre Schwester vor dem schrecklichen Anblick („nicht hinschauen“). Die Kinder hatten so große Angst, der Soldat könne die Mutter erstechen (Bajonette in der Hand), dass sie sich dieses traumatische Erlebnis ein Leben lang merkten. Der Soldat stahl noch Familienschmuck und Lebensmittel und verschwand daraufhin.

Gesellschaftlicher Kontext:
Der Krieg ist für Elisabeth erst „richtig“, also auch für sie spürbar, in den 40er Jahren losgegangen. Denunziationen und Verbrechen waren nun auch am Berg angekommen. Es herrschte große Sorge um die Männer an der Front und große Angst vor Zukunft. Auch die Frage “Wem kann man vertrauen?” wurde zu einer Überlebensfrage, die einem tagtäglich begleitete.

Politischer Kontext:
Die nationalsozialistische Schreckensherrschaft machte auch vor dem Leben am Berg keinen Halt. Elisabeth erlebte zwar keine politische, dafür aber christliche Sozialisation in der Familie. Politik war eher Männersache. Das Heraushalten aus politischen Konfrontationen war zum Teil überlebenswichtig. Dafür stand das Leben christlicher Werte wie Nächstenliebe an oberster Stelle.

Herausforderungen:
Trotz großer Angst galt es, das Überleben der Familie zu sichern. Als der Vater im Krieg vermisst wird, nimmt die Hoffnungslosigkeit zu. Tagtäglich wird für seine Rückkehr gebetet.

Lösungswege:
In diesen Zeiten sind der Zusammenhalt in der Familie (Elisabeths Großmutter und Mutter als starke Frauen) und die Kraft des Glaubens die wichtigsten Ressourcen überhaupt. Sie geben die Energie, weiterzumachen.


1953

Elisabeth muss für die Entfernung eines Mandelabszesses in das Krankenhaus Wolfsberg. Sie wird mit Bädern und Bandagen behandelt, von einer Krankenschwester beschimpft und über Stunden in kaltem Wasser vergessen, erleidet dadurch Krampfanfälle bis zur Bewusstlosigkeit und hat seither ihr Leben lang mit Gelenkschmerzen zu kämpfen.

Familiärer Kontext:
Der 14-tägige Aufenthalt alleine im Krankenhaus ist für Elisabeth, die noch nie so lange von ihrer Familie getrennt war, eine sehr schmerzhafte Erfahrung. In dieser Zeit gab es keine Möglichkeit für regelmäßige Besuche durch die Familie, die für damalige Verhältnisse weit weg lebte.

Gesellschaftlicher Kontext:
Die menschenunwürdigen Zustände und aus heutiger Sicht brutale Behandlung von Kindern im Krankenhaus hinterließen ihre Spuren. Zur damaligen Zeit wurde keine Rücksicht auf kindergerechte Ansprache genommen.

Herausforderungen:
Weg von der Familie zu sein und das Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins prägten Elisabeth.

Lösungswege:
Die Rückkehr zur Familie, ins Geborgene und Vertraute.


1956

Geburt des ersten Kindes.
In den Jahren darauf folgten ein Bub und ein Mädchen.

Familiärer Kontext:
Das erste Kind wird geboren. Es ist ein Bub, der viel zu früh, bereits im siebenten Monat auf die Welt kommt. Die Wehen setzen mitten in der harten Feldarbeit ein. Das schwere Heben der Säcke kann als Ursache dafür angenommen werden. Tage nach der Geburt kommt die Hebamme vorbei und gibt dem “Krepiererli”, wie sie das Baby nennt, keine nennenswerten Überlebenschancen. Mit viel Liebe, den Ratschlägen der Mutter und Großmutter und allem, was sich irgendwie als Babynahrung verwenden lässt, (Milch und eingetunktes Brot) schafft der Kleine dennoch den Kampf ums Überleben.

Gesellschaftlicher Kontext:
Es gibt eine klare Aufgabenverteilung und ein klares Rollenverständnis als Mutter und Hausfrau.

Herausforderungen:
“das Überleben”, “das Beste aus der Situation herauszuholen”, Ressourcenknappheit, Lebensmittel (Jahresvorrat)

Lösungswege:
Generations-Wissen nutzen. “viel selber machen” und Wiederverwendung


1956

Hochzeit

Diese Kohlezeichnung zeigt Elisabeth K. mit ihrem Ehemann am Hochzeitstag.

Familiärer Kontext:
Keine nennenswerten Probleme oder Nachteile wegen ledigem Kind;

Gesellschaftlicher Kontext:
Wirklich arm waren Mägde, die von Knechten oder gar Bauern geschwängert und dann oftmals vom Hofe vertrieben wurden; diese Frauen und ihre unehelichen Kinder hatten es ganz besonders schwer; oft musste der Knecht als offizieller Vater “herhalten”, obwohl alle wussten, dass
das Kind z.B. vom Bauern war;

Politischer Kontext:
Frauen hatten kaum Rechte oder finanzielle Mittel, ihre Interessen durchzusetzen; die Ehe galt als “Sicherheit”

Herausforderungen:
Wunschvorstellung einer harmonischen Ehe, wie sie Lisi vorgelebt bekommen hatte, stimmte nicht mit Realität überein.

Lösungswege:
Flucht in Welt der Liebes- und Groschenromane, leidenschaftliches und zum Teil heimliches Lesen der Romane.


Diese Kohlezeichnung, eine Nachstellung eines Originalfotos, erstellte eine Mitgestalterin des Projekts. Auf der Zeichnung ist ihre Oma Lisi vor ihrem Bauernhaus zu sehen.

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