… DAMALS UND HEUTE

Denkt man an Frauen von früher (im Projekt speziell an Frauen rund um die 1920er Jahre), erscheint meist sofort ein Bild einer hart arbeitenden Person im Kopf, die sich mit Schürze und Kopftuch gerüstet in der Küche um die Versorgung der ganzen (Groß)Familie kümmert. Wie sich dieses Bild der Frau aus Sicht der Mitgestalterinnen in den Jahren verändert hat und welche Aspekte darüber hinaus zum Alltag von Frauen damals und heute gehören, erarbeiteten die Mitgestalterinnen in einem Workshop. Dabei entstanden 6 Kategorien, die den Mitgerstalterinnen besonders wichtig erschienen:

  • (Harte) Arbeit
  • Kochen/Backen
  • Familie/Verband
  • Glaube/Kirche
  • (gesellschaftliche) Erwartungen
  • Emotionale und mentale Stärke

Auf einer Pinnwand wurden Aspekte gesammelt und Frauen von damals und heute gegenübergestellt.


Die Frau um 1920

Aus Sicht der Mitgestalterinnen waren Frauen damals vorwiegen im Haus und am Hof (sofern vorhanden) beschäftigt. Als Hausfrau hatten sie wenig Entscheidungsfreiheit. Erwerbsarbeit war den Männern vorbehalten. Sie sorgten für die finanzielle Sicherung der Familie, die Frauen hingegen waren zuständig für alles Emotionale, die Kindererziehung und natürlich den Mehrgenerationenhaushalt. Der Familienverband nahm eine sehr hohe Stellung ein, wobei der Mann als offizielles Oberhaupt galt. Inoffiziell jedoch – so zumindest den Berichten der Mitgestalterinnen zu Folge – hatten oftmals die Frauen (im Geheimen) das Sagen. Die Frauen von damals lebten primär in der Gegenwart. Zu sehr an die Zukunft zu denken ließ ihr Alltag ohnehin nicht zu. Im Vordergrund stand bei beiden Geschlechtern wohl das Überleben und sich umeinander Kümmern, der Gemeinschaftssinn dürfte damals sehr ausgeprägt gewesen sein.

Glaube spielte damals ebenfalls eine sehr große Rolle. Die Kirche war nicht nur Ort des Glaubens, sondern vor allem sozialer Treffpunkt, bei dem „man gesehen werden musste“. Hier wurde das Bild der „guten, gläubigen, sauberen Familie“ mit „braven Kindern“ repräsentiert. Der sonntägliche Kirchengang diente aber auch zum Austausch des neuesten Dorfklatsches. Eine der Mitgestalterinnen eirnnert sich: „Meine Oma hat erzählt, dass über alle gelästert wurde, die einen Kirchengang ausfallen ließen. Es war daher besonders wichtig, hier anwesend zu sein, um als Teil der (Kirchen)Gemeinschaft wahrgenommen zu werden, über die nichts Schlechtes gesprochen werden konnte.

Traditionelles Wissen wurde von Frau zu Frau im Familienverband weitergegeben. Dazu gehörten sowohl Familienrezepte als auch wirklich praktikables Wissen, wie beispielsweise, wie man einen Floh tötet oder Hausmittel bei diversen körperlichen Beschwerden. Der Zugang zu diesem speziellen Wissen war jenen aus dem Familienverband vorbehalten. Außerhalb der Familie war es besonders für Frauen sehr schwer, sich Wissen anzueignen.

Die Frau heute

Bei der Reflexion über das Bild der Frau von heute war des Mitgestalterinnen wichtig zu betonen, dass dieses Bild zunehmend komplexer und uneinheitlicher wird. Die Familie spielt zwar nach wie vor eine wesentliche Rolle, teilt sich jedoch den ersten Rang oftmals mit der Karriere. Frauen nehmen heute mehr Doppelrollen ein als früher. Durch den Einstieg in das Berufsleben sind sie oftmals gefordert, die Herausforderung der Familie und die der Karriere unter einen Hut zu bekommen. Zwar sind die Familien heute viel kleiner als früher, doch die Haushaltsführung und Kindeserziehung bleibt oft trotz gesellschaftlicher Veränderungen (Beispiel die Möglichkeit der Vaterkarenz) zum Großteil den Frauen vorbehalten.

Des Weiteren nehmen die Mitgestalterinnen mehr Egoismus und Individualisierung wahr. Wohingegen früher der Familienband und das kollektive Wohlbefinden vordergründig angesehen wurde, rückt im 21. Jahrhundert das individuelle sowie die Selbstverwirklichung ins Zentrum.

Bildung im schulischen und hochschulischen Sinne war früher den Männern vorbehalten. Heute nimmt sie für beide Geschlechter einen großen Teil im Leben ein. Wurde Wissen früher vorwiegend im Familienverband weitergegeben, so ist es heute durch das Internet und die spezifizierten Aus- und Weiterbildungsangebote allgegenwärtig.

Einen gravierenden Unterschied sehen die Mitgerstalterinnen noch in der Ausrichtung des Lebens. Früher mussten sich die Frauen auf die Gegenwart fokussieren, heute sind die Gedanken und Ziele mehr zukunftsorientiert. „Die Gegenwart wird gelebt, um die Zukunft zu gestalten.

Gemeinsamkeiten der Frauen von damals und heute

Den Mitgestalterinnen ist aufgefallen, dass manche Werte von früher wieder in den Mittelpunkt von heute rücken: Junge Frauen legen wieder mehr Wert auf nachhaltige Lebensführung, backen und kochen selbst, die Wertigkeit von Lebensmitteln aus dem eigenen Garten steigt und Selbstgemachtes wird (wieder) beliebter. Als weitere Gemeinsamkeit identifizieren sie jedoch auch die starke Belastung für Frauen, die Herausforderungen des Alltags zu meistern – wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Beide – Frauen damals und heute – arbeiten täglich viele (meist unbezahlte) Stunden, wird die Familienarbeit und Arbeit außerhalb des Erwerbslebens mitberücksichtigt.

Beispielfragen, die bei der Reflexion für die Mitgerstalterinnen offen blieben:

  • Welche Diskussions- und Streitkultur herrschte damals vor?
  • Gab es früher eine Kindheit, wie wir sie heute kennen?
  • Welchen Stellenwert nehmen Frauen damals und heute in der Gesellschaft ein? Gibt es tatsächlich eine Verbesserung in Bezug auf die Wertschätzung der Frau und ihren Beitrag im Vergleich zu früher?

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