Gerlinde Baumann-Samitsch, Obfrau des Gemischten Chores Ruden im Gespräch über die Drau und über Lippitzbach. Das Gespräch wurde im „Museum am Bach“ in Lippitzbach in der Gemeinde Ruden geführt.
…WENN MAN WEITERKOMMEN MÖCHTE, BRAUCHT MAN EINE BRÜCKE…
Welche Erlebnisse, Erinnerungen und Gefühle verbinden Sie mit der Drau?
Es gibt bei mir nicht viele prägende Kindheitserinnerungen, die mit der Drau zu tun haben. Ein Erlebnis, das sich mit der Drau und meiner Kindheit verbinden lässt ist der Bleiburger Wiesenmarkt. Wir sind da auch über den Lippitzbachgraben hinuntergefahren nach Bleiburg und über die alte, rumpelige Holzbrücke und das waren die ersten Male, dass ich die Drau überschritten habe. In Bezug auf unseren Chor gibt es tatsächlich eine bildliche Erinnerung: wir haben im Jahr 2014 das 40 Jahr Jubiläum gefeiert und waren auf der Suche nach einer Kulisse für ein Gruppenfoto und haben die ideale Kulisse an der Drau gefunden. Es gibt auch eine sehr schöne Chorerinnerung aneinen gemeinsamen Grillabend, den wir unmittelbar an der Drau gefeiert haben. Und wir haben seinerzeit die Spatenstichfeier für die neue Lippitzbachbrücke, die Dr. Jörg Haider Brücke, gesanglich umrahmt, die ja auch eine wichtige wirtschaftliche Funktion für die Region erfüllt.
Ruden und das Museum am Bach liegen ja nicht direkt an der Drau, sondern am Lippitzbach
Ja, genau. Die Drau ist einige hundert Meter von hier entfernt, die hört man hier noch nicht. Hier rauscht und tost der Lippitzbach. Die Drau hab ich immer als sehr ruhig empfunden und diese beruhigende Wirkung hat, glaub ich, auch dazu beigetragen, dass unser Chorgrillabend besonders gelungen war und in Erinnerung geblieben ist. Wobei ich dazu sagen muss, dass die Drau für mich schon auch immer ein wenig beängstigend war. Mir wurde von klein auf beigebracht, dass es viele Strudel gibt, dass man aufpassen muss nicht hineinzufallen, weil man sonst untergeht.
Der Grillabend war das erste Mal, dass ich mich überhaupt für längere Zeit hautnah an der Drau aufgehalten habe.
Welche Rolle spielt die Drau ihrer Wahrnehmung nach für die Region und ihre Menschen?
Ich sehe vor allem das Potential als Erholungsgebiet und mir selbst ist das so richtig bewusst geworden, als ich als das erste Mal vom Ursprung der Drau mit dem Fahrrad an ihr entlang gefahren bin und beobachten konnte, wie viele Bäche und Flüsse die Drau eigentlich in sich vereint, bevor sie durch die Gemeinde Ruden fließt. Auf diesem Weg erkennt man das Erholungspotential, dass in unserer Gemeinde selbst noch kaum genutzt wird. Wenn ich dort Radfahre hab ich das Gefühl, ich bin im Urlaub. Eine wirtschaftliche Rolle spielt natürlich das Kraftwerk Schwabeck. Historisch gesehen hatte der Mündungsbereich des Lippitzbaches in die Drau natürlich eine ganz große Bedeutung durch das Eisenwerk und die ganze Industrie in Lippitzbach, wo ja auch zum Beispiel die ersten Eisenbahnschienen produziert wurden. Ein sehr geschichtsträchtiger Ort.
Wann immer man in die Drau blickt, sieht man Wasser, das wenig später unser Bundesland verlässt und bis ins Schwarze Meer fließt. Wie geht’s Ihnen mit dem Gedanken?
Darüber habe ich noch nie richtig nachgedacht. Für mich ist es schon so, dass die Drau zunächst einmal sozusagen unser ganzes Land in sich vereint, zumindest alle Bäche und Flüsse und vielleicht auch die Gedanken der Bewohner.
Und das Wasser der Drau fließt zwar immer davon in andere Länder, trotzdem ist immer Wasser da, zumindest ist sie meines Wissens nach noch nie wirklich ausgetrocknet. Das faszinierende ist also, dass sie immer in Bewegung und dennoch so beständig ist.
Jetzt möchte ich die Sängerin Gerlinde Baumann fragen, ob es ihrer Meinung nach einen Zusammenhang zwischen der Unterkärntner Landschaft und der Musik der Region gibt und ob die Drau dabei eine Rolle spielt?
Was sicherlich prägend für die Region ist, ist der Nebel, der von der Drau verursacht wird und sich im Gemüt der Bevölkerung niederschlägt und in der Schwermut der Musik zum Ausdruck gebracht wird. Das Singen trägt auch dazu bei, sich fröhlich zu stimmen, die Schwermut zu überwinden und ich glaube schon, dass die Leute in der Region viel gesungen haben, um die Stimmung zu heben, wenn zum Beispiel im Herbst alles grau in grau war. Und das Interessante ist ja, dass diese Wirkung auch entsteht, wenn man traurige und schwermütige Lieder singt, die ja mit viel Emotion verbunden sind. Das vermittelt auch ein schönes Gefühl, geht zu Herzen und hebt die Stimmung.
Empfinden Sie die Drau als innere Grenze in der Region?
Ich persönlich empfinde sie nicht als innere Grenze, aber man trifft immer wieder auf Personen, die es so empfinden. Mein Bild der Drau wird von der Erholungsqualität geprägt und wenn man zum Beispiel den Drauradweg entlangfährt, wechselt man ja immer wieder die Seiten und verbindet sozusagen das Nord- und Südufer miteinander.