Dr. Franz Josef Isak ist Sänger, Chorleiter, Organist und Komponist und war einige Jahre lang Fachbereichsleiter für Singen und Referent bei diversen chorischen Angeboten im Bereich des Kärntner Bildungswerks. Das Gespräch wurde am 18. August 2020 auf einer Terrasse oberhalb der Draubucht bei Völkermarkt geführt und wird hier stark verkürzt wiedergegeben.

„WIE DIE DONAU: RIESSIG-GROSS, ERHABEN, RUHIG.“


Gibt es für Dich prägende Erinnerungen und Erlebnisse, die Du mit der Drau verbindest?

Der Platz, an dem wir hier sind, ist schon die Antwort. Ich selbst bin ja in Mittertrixen zu Hause und kein Anrainer der Drau. Meine Kindheitserinnerungen verbinden sich an die Besuche bei meinem Onkel und wir sitzen jetzt da auf seiner Terrasse. Es war für mich immer ein erhebendes Gefühl, wenn man hierher gekommen ist und den großen Fluss gesehen hat. Ich hab als Kind die Drau lange nur von diesem Blickwinkel gekannt und sie war für mich wie die Donau: riesig, groß, erhaben auch ruhig. Ich war dann später immer enttäuscht, wenn wir woanders hin gefahren sind und die Leute gesagt haben, wir sind da an der Drau, und ich dachte mir, da ist die Drau nur so klein.

Was symbolisiert über diese Grunderfahrung hinaus für Dich und für die Region die Drau?

Ich würde das nicht auf die Drau beschränken. Grundsätzlich sind Flüsse immer gebraucht worden, es sind Städte entstanden und da gibt es immer kulturelles Leben und so ist auch die Drau für uns eine Keimzelle, aus der Vieles entstanden ist: Lieder, Gedichte usw. 

Gibt es für Dich etwas Spezifisches, das die Drau mit Unterkärnten verbindet?

Was sicher mitspielt, ist die Geschichte. Ein Fluss ist einerseits eine Grenze, aber am Fluss gibt es auch das Verbindende. Und da hat der Bereich Völkermarkt eine Geschichte, die einiges erzählen kann. Für mich ist der Fluss etwas, aus dem man in der Freizeit schöpfen kann, wo man Spazieren gehen kann, aber das ist nicht nur im Bezirk Völkermarkt so.

Hast Du einen „Klang der Drau“ im Ohr, hörst Du sie, wenn du an sie denkst? 

Das weniger, aber ich bringe sie mit einem speziellen Lied in Verbindung. Ich bin ja schon länger in der Chorszene tätig und schon in den Anfangsjahren ist mir da ein Lied entgegengeschwommen von Gretl Komposch: „Üba die Drau bin i gsprungan, am Toblacher Feld“ und es war eines der ersten Lieder, das ich auch solistisch Singen wollte und es begleitet mich jetzt seit Jahren. Ich finde, dass dieses Lied den Lauf der Drau textlich sehr gut wiedergibt. Zuerst ist sie klein und da ist dann das Spielerische da, „und bald durchwandert sie die halbe Welt“  und da wird sie immer ruhiger und wenn man jetzt da sitzt, empfindet man das auch so. Es ist für mich ein stimmiges Lied, das die Realität gut wiedergibt, was ich von anderen Liedern nicht behaupten würde.  

Es gibt ja von außen immer wieder die Zuschreibung, dass das Kärntnerlied aus der Region eine gewisse Schwermut aufweist. Stimmt das für Dich?

Ich kenne diese Aussagen, würde sie aber nicht unbedingt unterschreiben wollen. Erstens glaube ich, dass das Kärntnerlied an sich durch das Aufeinandertreffen der Kulturen etwas Schwermütiges hat, aber nicht nur im Unterkärntner Raum. Und zweitens: vieles ist Interpretation. Man kann vieles so oder so singen und es hat sich zu einem Markenzeichen der Kärntner Chöre entwickelt, alles schwermütig und langsam zu machen und das passt für mich nicht immer stimmig mit Text und Melodie zusammen. Es ist eine Aneignung, eine Selbstzuschreibung.

Gibt’s „Qualitäten der Drau“, die Du dir noch stärker für die Menschen in der Region wünschen würdest?

Wenn ich da hinunter schaue, dann ist es eine gewisse Ruhe, die sie ausstrahlt und Ruhe ist etwas, wo es auch darum geht, wie man mit gewissen Konflikten umgeht und da kann man sich von so einem Gewässer sehr viel abschauen. Wir leben in einer Zeit, wo wir immens getrieben sind von der Uhr. Wenn man sich die Drau anschaut, da gibt es keine Zeit.

Was sind für dich die prägnanten Veränderungen in der Region in den letzten 100 Jahren?

Prägend. Die letzten 100 Jahre haben viel dazu beigetragen, dass wir jetzt so sind, wie wir sind. Die Volksabstimmung war natürlich entscheidend dafür, wie es sich hier in Kärnten entwickelt und prägend dafür, dass wir jetzt Österreicher sind. Was ich schon merke, seit ich auf der Welt bin, dass es schon Annäherungen gibt. Es war früher sehr getrennt, da hat es die slowenischen Veranstaltungen gegeben und umgekehrt Veranstaltungen deutschsprachiger Chöre, wo kein slowenisches Ensemble eingeladen war. Da hat es strenge Linien gegeben, die sich jetzt immer stärker aufweichen.

Spürt man noch was von einer Grenze?

Ich bin einsprachig – deutsch aufgewachsen, aber es gibt natürlich Familien, die noch sehr dem Slowenischen verbunden sind. Aber ich würde das weniger als innere Grenze sehen. 

Was sollte man vom 10. Oktober für die Zukunft mitnehmen?

Dass wir alle aus einer gewissen Tradition heraus leben und eine Geschichte haben. Man muss sich bewusst sein, dass hier einmal gekämpft wurde um etwas und man danach aber einen nichtkriegerischen Weg gegangen ist, das zu beheben. Das kann man daraus lernen und Kultur ist etwas, das zum Menschsein dazugehört und etwas Verbindendes hat. Ein kulturell interessierter Mensch wird mit gewissen Dingen anders umgehen, als einer, der das nicht ist und deshalb ist es wichtig, dass Kultur weiterhin gelebt wird und gemacht wird.

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