Anita Diex & Franz Luckner von der Dorfgemeinschaft Schwabegg erzählen ihre Gedanken zur Bedeutung der Drau für das Leben und die Kultur in Schwabegg.

… STATT Z’SAMMZUWACHSEN SIND WIR AUSEINANDERGEWACHSEN…

Herr Luckner, welche Erinnerungen und Gedanken fallen Ihnen ein, wenn Sie auf die Drau angesprochen werden?

Franz Luckner: Das erste ist, dass wir schon immer ein wenig getrennt waren von den anderen durch die Drau. Das war schon früher so, als bei der ÖDK (Österreichische Draukraftwerke AG), beim Kraftwerk Schwabeck über 100 Personen gearbeitet haben und es zum Beispiel auf der anderen Drauseite ein eigenes Kino gab, da durften wir nicht den kurzen Weg über das Kraftwerk nehmen, sondern mussten weiter flussabwärts zur Überfuhr um auf die andere Seite zu gelangen. Und heute ist es ähnlich. Bis heute darf man weder zu Fuß noch mit dem Fahrrad über das Kraftwerk hinübergehen, obwohl gerade vor ein paar Jahren sogar ein Geländer errichtet wurde. Ich war gerade wieder an der Drau, da gibt es eine Stelle mit einer Bank, wo man fein sitzen, auf die andere Seite schauen und den Leuten zusehen kann, die da wohnen, arbeiten, gehen und fahren. Und man kennt niemanden. Es ist wie früher Ost und West. Ich hab mir schon öfter gedacht, ich werde einmal hinfahren und mich bei den Leuten vorstellen. Es gab schon Kontakt, wie wir jung waren. Damals haben wir noch kein Auto gehabt und es gab bei uns die letzte Überfuhr mit einem Fährmann, der uns auf die andere Seite gebracht hat. Da waren wir oft
beim Gasthof Pfau, den gibt’s heute nicht mehr, auf Unterhaltungen. Und wenn wir mitten in der Nacht zurückfahren wollten, da war eine Autofelge aufgehängt, auf die musste man draufschlagen, dann hat er uns wieder geholt, für 50 Groschen oder einen Schilling. Der Fährmann, Herr Jerman, war der letzte Überführer, der auch Pension eingezahlt hat und er hatte eine Überfuhr an der breitesten Stelle der Drau ohne Seil. Als es die Überfuhr auch nicht mehr gab ist die Verbindung auf die andere Seite abgebrochen. Es gab früher zum Beispiel zweimal im Jahr eine Wallfahrt nach Heiligengrab bei Bleiburg und wie die Überfuhr noch war, sind
auch die Untermitterdorfer und die Eiser immer gekommen. Da sind oft 100 Leute auf der Jerman-Überfuhr mitgefahren.

Was mir zum Kraftwerk noch einfällt, das ja in der Hitlerzeit gebaut wurde, ist, dass man den Namen verändert hat. Der Ort heißt Schwabegg, das Kraftwerk Schwabeck, weil das halt damals besser gepasst hat. Immer wieder sind Lieferanten fürs Kraftwerk zu uns in den Ort gekommen, die sich wegen dem „gg“ und „ck“ nicht ausgekannt haben.

Und eine ganz andere Erinnerung an meine frühe Jugend sind die Brutpaare der Fischreiher. Da gab es in meiner Jugend 64 Horste an den Waldungen in der Nähe des Kraftwerkes. Das war die größte Kolonie in Kärnten oder sogar ganz Österreich und die waren streng geschützt. Heute sind es nur mehr vier oder fünf.

Waren sie als Kind oft an der Drau?

Ja, wir sind immer zur Drau Baden gegangen und zwar bei der
Mündung des Kurtnikbaches oder des Feistritzbaches.

Frau Diex, sie gehören einer jüngeren Generation an, als der Herr Luckner: Was verbinden Sie mit der Drau?

Anita Diex: Einerseits ist die Drau für mich ein Erholungsraum. Es gibt Wege an der Drau, auch einen Erlebnisweg. Es gibt immer mehr Menschen, die dorthin Walken gehen oder Reiten. Das hat gerade in den letzten Monaten der Covid-Pandemie mit den ganzen Einschränkungen noch einmal ganz stark zugenommen.

Franz Luckner: Trotzdem, sag ich immer, haben wir aus der Drau zu wenig gemacht. Anderswo gibt es Ausflugsboote und Floßfahrten, auch die Fischerei ist nicht mehr so möglich und die Entenjagd auch nicht mehr, da sind früher ganz viele Klagenfurter*innen extra gekommen. Wir haben ja 20 Kilometer Flussstrecke zur Verfügung, die man nützen könnte, viel mehr, als an anderen Stellen, an denen aber mehr draus gemacht wird. Vielleicht könnte man auch wieder eine Überfuhr machen, wie sie der Herr Jermann hatte. Es sind ja wieder viel mehr Leute zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs und die Drau ist bei uns ja wirklich ein Idyll.

Anita Diex: Es ist schon so, dass das Interesse und die Nachfrage nach der Drau in letzter Zeit sehr stark gestiegen ist, dass die Leute sich mehr darauf ausrichten, was sie zu Hause haben und hier tun könnten und dass man einmal damit beginnen könnte, die Wege herzurichten. Aber ich muss sagen, ich verbinde mit der Drau auch die Hochwassergefahr, die zwar Schwabegg nicht betrifft, weil der Ort hoch über der Drau liegt, aber zum Beispiel Lavamünd, wo meine Schwiegereltern wohnen. Die Drau hat schon auch was Bedrohliches an sich und sie fließt immer, egal, was links und rechts von ihr passiert.
Und ich nehme schon auch den Grenzcharakter der Drau nach wie vor wahr. Dieses „über der Drau wohnen die Windischen“, da sind die Anderen, das gegenseitige Sticheln, wie im Verhältnis von Kärntnen und Steirern. Dabei gehören wie ja trotzdem zusammen, besuchen gegenseitig unsere Veranstaltungen.

Wie hat sich die Region in den letzten Jahrzehnten entwickelt? Hat sich der Systemumbruch vor 30 Jahren in Jugoslawien bzw. Slowenien in Schwabegg ausgewirkt?

Franz Luckner: Bei uns gibt es praktisch keinen Fremdenverkehr. Wenn das anders wäre, hätten wir wahrscheinlich auch die Drau besser genutzt und wären früher draufgekommen, was man daraus machen kann. Alle, die heute für einen Ausflug zu uns an die Drau kommen, schwärmen davon, wie ruhig und schön es ist. Aber schon der Kraftwerksbau hat sich wenig positiv auf unsere Gemeinde ausgewirkt.

Obwohl ja das halbe Kraftwerk auf unserer Seite steht, hat von der Kommunalsteuer der ÖDK die andere Seite profitiert. Und noch früher war teilweise schon viel mehr los. Mein Großvater hat immer davon erzählt, dass so viele Flößer in Schwabegg waren, dass in unserem Gasthaus eine Sau in der Woche aufgegangen ist für die Flößer. Die haben ja ihre Ware bis Kroatien gebracht und sind dann zu Fuß wieder heraufgekommen. Der Zugang zu Slowenien war früher in der Kommunistenzeit auch schon frei für uns. Jeder hat einen kleinen Grenzübertrittsschein gehabt und man konnte jederzeit problemlos hin und her. Waren durfte man halt nicht so viele mitnehmen. Wobei, geschmuggelt wurde auch genug. Was man halt früher durch die Besuche in Slowenien mitbekommen hat war, dass in Slowenien sehr viel investiert wurde in die Grenzregion und bei uns sehr wenig. Es gab halt doch die „Urangst“, dass das Gebiet doch noch verloren gehen könnte an Jugoslawien.

Wie hat sich das Dorfleben in Schwabegg verändert?

Franz Luckner: Schlecht! Das Dorfleben funktioniert an sich, aber es spielt sich nicht mehr im Gasthaus ab. Vor 30 Jahren waren die Vereine immer im Gasthaus. Heute hat jeder unserer fünf Vereine ein eigenes Vereinsheim. Früher war jede Sitzung, jedes Treffen, jede Aussprache im Gasthaus und dann sind andere dazugekommen und es wurde gesungen, gespielt und auch gestritten. Alles war da. Früher hat es ja ein Alkoholverbot gegeben bei den Wahlen, da war trotzdem jeder zweite rauschig. Heute darf man alles, aber es ist keiner mehr rauschig, es ist nichts mehr. Das Kulturleben
im Gasthaus ist gestorben.

Das Interview führte Michael Aichholzer.

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