Auszüge aus einem Interview mit Irmgard Dreier, Bezirkobfrau Kärntner Bildungswerk Völkermarkt.
„ICH ÜBERQUERE JEDE DRAUBRÜCKE GERNE!“
Welche prägenden persönlichen Erlebnisse, Erinnerungen und Eindrücke verbindest Du mit der Drau?
Die Drau ist für mich etwas Besonderes und sehr Wichtiges. Ich bin nördlich der Drau aufgewachsen. In meiner Kindheit sind wir selten über die Drau gefahren, weil unsere Einkaufs- und Ausflugsziele alle diesseits der Drau waren. Wenn wir dann doch einmal über die Drau gefahren sind, war es wie die Fahrt in ein anderes Land.
Für mich persönlich ist sie deshalb so besonders, weil ich sie sehr gerne, mindestens zweimal pro Woche, besuche. Ich spaziere an der Drau, fahr mit dem Rad, raste und verweile an der Drau, oder fotografiere. Ich hab im Laufe der Zeit eine ganze Palette an Fotos an der Drau aufgenommen.
Empfindest Du die Drau als innere Grenze im Bezirk?
In meiner Kindheit hab ich es so empfunden. Uns wurde damals vermittelt, dass südlich der Drau ein anderes Kärnten liegt. Heute empfinde ich es nicht mehr so, ich empfinde sie weder als Sprach- noch als Mentalitätsgrenze, und man kann auch die Vereine des Kärntner Bildungswerks sicher nicht danach unterscheiden, ob sie südlich oder nördlich der Drau beheimatet sind.
Was fasziniert dich so sehr an der Drau, was löst sie in Dir aus, dass
du dich so von ihr angezogen fühlst? Und hat sich das im Laufe der Zeit verändert?
Es ist immer ein anderer Eindruck. Vor Kurzem wurde die Draubrücke verändert. Da war die Drau dunkelbraun, man hat den Lärm von den Arbeiten auf der Brücke gehört. Ein anderes Mal scheint die Sonne am gesamten Weg. Wenn ich Wegen entlangspaziere, die von der Drau bergauf führen, sehe ich oft den Nebel aufsteigen und es herrscht eine ganz mystische Stimmung. Manchmal komme ich in fröhlicher Stimmung zur Drau, manchmal bedrückt mich etwas. Wie unterschiedlich auch immer die Atmosphäre sein mag, es ist immer wie ein kleines Paradies, wie ein Erholungszentrum für mich und ich kehre mit einem Glücksgefühl von der Drau nach Hause zurück.
Heute halte ich mich häufig relativ lange an der Drau auf, ich begegne anderen Leuten und komme mit ihnen ins Gespräch und sie wirken dabei erholt, zufrieden und glücklich. Da sind Fischer, Mütter mit ihren kleinen Kindern, Radfahrer*innen, Besitzer*innen von Hütten und Teichen an der Drau. An einer bestimmten recht zugewachsenen Stelle sitzt normalerweise zweimal pro Woche ein Mann und spielt mit seiner Mundharmonika. Andere pflücken Blumen, Kräuter oder Beeren. Man trifft Schulklassen, die einen Ausflug machen und sich mit Pflanzen und Tieren beschäftigen. Man trifft berufstätige Personen, die ihre Mittagszeit an der Drau verbringen, weil sie das Rauschen der Drau mögen, weil sie die Ruhe spüren und den Berufsstress hinter sich lassen. Am Wochenende sind viele Pärchen an der Drau unterwegs. Im Bereich des Völkermarkter Stausees gehören natürlich die Ruderboote des Rudervereins dazu und das Ausflugsschiff Magdalena, das seine Runden zieht. Und sie alle beobachten natürlich auch, dass die Drau nicht immer gleich ist, dass sie manchmal lauter und stürmisch ist und manchmal vollkommen ruhig. Und insgesamt bin ich noch kaum einmal jemanden begegnet, der grantig oder ungehalten gewesen wäre.
Hast Du den Klang der Drau im Ohr und
wie würdest Du ihn beschreiben?
Ich habe eigentlich einen ganz konkreten Klang der Drau im Ohr, den ich beispielsweise höre, wenn ich zu Hause im Garten sitze, die Augen schließe und an die Drau denke. Wahrscheinlich, weil ich bei meinen Besuchen an der Drau immer wieder ganz bewusst hinhöre, wie die Drau klingt. Und wenn ich jetzt an die Drau denke, höre ich, wie das Wasser an die Ufersteine schlägt. Sie klingt für mich stürmischer, als sie es in Wirklichkeit meistens ist.
Hast Du eine Erklärung dafür, warum die Drau diese Auswirkungen auf Deine Stimmungslagen hat, oder kannst Du das beschreiben?
Ich mag Wasser überhaupt sehr. Mein Sternzeichen ist Fisch. Aber die Drau ist etwas ganz Besonderes. Es ist so, dass die Drau meine Stimmungen, meine Missstimmung mitnimmt, wegschwemmt, davonfließen lässt. Und weil die Drau ständig in Bewegung ist, regt sie auch mich ständig zu Gedanken an. Das klingt vielleicht etwas rätselhaft, es funktioniert aber eigentlich ganz einfach und verlässlich. Nur wenn es Hochwasser gibt nicht, da habe ich durchaus Respekt vor der Drau.
Gibt es irgendein landschaftsprägendes Element in der Region, dessen Bedeutung für dich mit der Drau vergleichbar ist?
Es gibt nichts wirklich Vergleichbares, oder Gleichwertiges, aber es gibt auch andere Orte in der Region, zum Beispiel einsam gelegene Kapellen, an denen ich ähnliche emotionale Wirkungen an mir beobachten kann.
Jenseits Deiner ganz persönlichen Beziehung: Welche Bedeutung hat die Drau für die Region, beispielsweise für die Vereine des
Kärntner Bildungswerks?
Wir haben über 40 Mitgliedsvereine im Bezirk, die immer wieder Aktivitäten durchführen, die mit der Drau zu tun haben: Veranstaltungen an der Drau, Ausflugsfahrten zur Drau und auf der Drau. An manchen davon hab ich auch teilgenommen und dabei auch die entspannende Wirkung der Drau auf die Menschen beobachtet.
Gibt es etwas wozu sich die Region durch
die Drau inspirieren lassen sollte?
Immer in Bewegung zu bleiben, immer offen zu bleiben für Neues, sich zu besinnen, dass man mit den Nachbarn jenseits der Grenze verbunden ist.