Anton Miglar ist seit 27 Jahren Obmann der Singgemeinschaft Völkermarkt, mit dem Gründungsjahr 1858 einer der ältesten Vereine Kärntens. Das Interview wurde am 18. August 2020 im Bürgerlustpark in Völkermarkt geführt.

„EIN ORT DER RUHE UND DER ERHOLUNG“


Welche persönlichen Erinnerungen verbindest Du mit der Drau?
Die Drau war für uns schon immer ein großer, wichtiger Fluss. Es gibt bei uns ja auch noch die Gurk in der Nähe, aber die Drau war immer etwas Zentrales und meine wichtigste Erinnerung ist, als in den 60er Jahren der Stausee gebaut wurde. Ich bin in Tainach zur Volksschule gegangen und da waren bei Rakolach noch die Drauauen und plötzlich hat man gehört, jetzt wird der Stausee gebaut und wir haben dann beispielsweise mit der Volksschule einen Ausflug zum neuen Kraftwerk in Edling gemacht und der Völkermarkter Stausee hat die Gegend bei uns schon wesentlich verändert.

Wart ihr in der Kindheit oft an der Drau zum Baden?
Nein, das haben wir nicht dürfen. Unsere Eltern waren ja noch eine andere Generation, da war Vorsicht geboten, die Drau war für uns tabu, weil es zu gefährlich war.

Schlägt sich die Drau im Singen in der Region wieder?
Ja, da fällt mir ein ganz besonderes Lied ein. Lange Zeit war bei uns Hannes Smetanig Obmann, der unter Sängern einen besonderen Namen als Texter hat und Dieter Fleiss war Chorleiter im Singkreis und die beiden haben ein wunderbares Lied hervorgebracht: Das Lied der alten Drau. Und wenn man sich den Text anhört, so wird die Stimmung an der Drau so richtig gut widergegeben. Die jungen Sänger tun sich oft mit dem Text schwer, weil alles darin vorkommt, die Abendstimmung, die Fische in der Drau, die Vögel, die Insekten, aber eben vor allem die Stimmung.

Dem Kärntnerlied und dem Singen in der Region wird oft ein gewisser Schwermut nachgesagt. Empfindest Du das auch so und womit könnte das zusammenhängen?

Also, den Eindruck hab ich auf jeden Fall. Das hängt einerseits mit der Landschaft zusammen, mit dem Jauntal im Besonderen und wahrscheinlich auch mit den geschichtlichen Ereignissen der letzten 100 Jahre oder sogar darüber hinaus.

Was sind aus Deiner Sicht die wesentlichen Veränderungen der Region seit 1920?
Also ich bin sehr froh darüber, dass die Volksabstimmung so ausgegangen ist, dass das Gebiet bei Kärnten geblieben ist. Heute sieht man das ja ganz anders, aber wenn man in den 70er Jahren nach Jugoslawien gefahren ist, ich hätte mir nicht vorstellen können, da dazu zu gehören. In unserer Gegend hat sich das Zusammenleben seit damals positiv entwickelt und das hat mit dem Generationenwechsel zu tun also damit, dass meine Generation anders denkt, als die meiner Eltern und die meiner Kinder.

Eröffnet die Drau und ihr Verbindendes Perspektiven für die Region?
Für eine Grenzregion ist es immer schwierig. Wir haben zum Glück heute Betriebe in der Region, wenn ich an Mahle denke, die Vielen einen Arbeitsplatz bieten, da kommen auch viele Menschen aus Slowenien zu uns, um hier eine Arbeit zu finden. Da hat sich schon Vieles gewandelt.

Gibt es noch sowas wie eine innere Grenze in der Region, vielleicht auch in kultureller Hinsicht?
Da sehe ich ehrlich gesagt nicht mehr allzu viele Probleme. Wichtig ist, dass man offen, frei, tolerant aufeinander zugeht, dann gibt es keine Grenzen.

Zu den Feierlichkeiten zum 10. Oktober: was sind für Dich die wichtigsten Gedanken, die man mitnehmen sollte?
Da sind für mich zwei Punkte wichtig. Der erste – und das ist für mich unverrückbar – ist, dass man daran gedenkt, was vor 100 Jahren passiert ist und an jene, die das zustande gebracht haben. Und der zweite, dass man in einer Zeit wie heute, in der wir Mitglied der europäischen Union sind, ganz anders in die Zukunft schaut. Die Regionen sind zusammengewachsen, die Grenzen sind offen und für mich ist das ehrlich gesagt etwas ganz Schönes. Wenn ich nach Bleiburg fahre, über die Grenze und nicht kontrolliert werde, habe ich das Gefühl, dass man zusammengehört.

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